0x1b - ESCAPE
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 Konkurrenzkämpfe 
Nala Geschrieben von Nala Rubischon (Link) am Sonntag, 15. Mai 2011, 11:59
aus dem nachdenklich dept.

Gestern nun hat Anna den ESC verloren. Hat sie das wirklich? Hat man verloren, weil andere Länder anderen Songs mehr Punkte gaben? Wäre es wichtig zu gewinnen? Wieso?

Immer und überall geht es nur um Konkurrenzkampf. Besser, schneller, schöner. Wer nicht gewinnt ist ein Verlierer. Wer verliert ist nichts wert.

Mir geht diese Denkweise inzwischen sowas von auf den Geist. Niemand ist auch nur ein Millimeter besser oder schlechter, wenn er/sie verliert oder gewinnt. Weder am ESC, noch an einem Fussballmatch, auch nicht im tanzen oder bei der Arbeit.

Nehmen wir das Beispiel gestern abend vom ESC mit Anna aus Basel. Sie hat gerne gesungen, sie hatte Spass am Singen und ist enttäuscht, dass sie nicht weiter vorne plaziert wurde. Ich hoffe ihre Enttäuschung verschwindet bald. Denn es ging doch gar nicht darum zu gewinnen. Die Erfahrung vor sovielen Leuten singen zu dürfen, ihr bestes gegeben zu haben sollte überwiegen. Wenn sie mitmachte um zu gewinnen, hat sie schon verloren. Denn es ging ihr dann nicht um sich, sondern darum, dass andere schlechter sein sollten als sie.

In der Presse ein Riesengeschrei. Unsere Nachbarländer gaben uns keine Punkte. Niemand mag die Schweiz. Was soll die Scheisse? Nur weil wir keine Punkte kriegten, hassen die uns nicht. Sie fanden die anderen Lieder vielleicht wirklich besser. Und es ist schwierig bei über 20 Liedern den besten 12 Punkte zu geben. Da fällt halt die Anna da und dort durch. Das hat aber nichts mit der Sympathie eines Landes zu tun. Fragt mal im Ausland diejenigen die mitgevotet haben. Haben die gegen die Schweiz gestimmt, oder für andere Länder?

Weshalb kann so ein Wettbewerb eben nicht als Wettbewerb geführt werden, sondern einfach als jeder singt sein Lied, alle haben Spass und es gibt keine Gewinner und keine Verlierer? Vor einiger Zeit hab ich hier mal darüber gebloggt, dass ich spielen mit gewinnen bzw. verlieren nicht mag. Und das ist immernoch so. Ich mag Spielen - aber nur, wenn es um des spielens Willen geht und nicht darum, besser zu sein als der andere.

Deshalb mach ich auch nicht an Tanzturnieren mit. Natürlich hätte ich inzwischen durchaus das Niveau an den ersten Tanzturnieren teilzunehmen. Vielleicht käm ich sogar eine Runde weiter. Aber ich will das nicht. Ich will nicht mit anderen verglichen werden. Ich tanze für mich. Für mich - meinetwegen sogar für Zuschauer - soll es schön aussehen. Es geht mir nicht darum, besser zu sein als die anderen Tänzer. Die Medal-Tests sind daher gerade noch so machbar, da man da als Einzelperson beurteilt wird, ohne mit anderen Tänzern verglichen zu werden. Aufgrund von Theoriebüchern wird der Teilnehmer bewertet. Das ist für mich ok. Damit kann ich mich selber verbesern. Ich kann an mir arbeiten - ohne dass jemand anderer damit besser oder schlechter ist als ich.

Ich wünschte mir, dass die Gesellschaft mehr von diesem Konkurrenzdenken wegkommt. Mehr zum gemeinsamen miteinander. Einander helfen. In meinem ganz kleinen Raum hier zuhause versuch ich das immer wieder hinzukriegen. Kinder nicht miteinander vergleichen. Sie sollen nur sich selber verbessern, und nicht besser als die anderen Kinder sein. Eigene Rekorde brechen - egal wie das im Vergleich zu anderen aussieht. Spiele miteinander spielen, nicht gegeneinander.

Es ist allerdings schwer mit dieser Einstellung in unserer Welt zu überleben. Man braucht viel Energie und Ausdauer um nicht unterzugehen und sich dem Konkurrenzdenken auszusetzen.

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  • NiK_atC@gmx.net Re: Konkurrenzkämpfe
    Geschrieben von Nicole (Link) am Sonntag, 15. Mai 2011, 12:27

    Also, ich finde das Schweizer Lied auch gut, den letzten Platz habe ich da definitiv nicht verstanden. Eine tolle Sängerin mit einem eingängigen Lied. Aber mein Geschmack scheint ohnehin nie mit der Masse kompatibel *lach*. Mir gefiel auch Ungarn sehr gut und das war glaube ich Platz 22 oder so. Sehr schade.
    Aber so ist es eben.
    Und meine Tochter kann Wettbewerbe auch nicht ausstehen, am liebsten würde sie nie Spiele spielen, wo man gewinnen oder verlieren kann. Ganz zu schweigen von sportlichen Wettkämpfen.
    Aber ehrlich? So GANZ ohne Vergleiche oder Wettkämpfe wäre es doch auch langweilig? Ich bin ehrlich, ich möchte keiner WM zusehen, wo es "nur ums spielen" ginge, ohne einen glücklichen Sieger. Ohne das mitfiebern, dass Bangen, dass Hoffen, das Jubeln oder dann doch die Enttäuschung. Auch denke ich, kommen wir Menschen nur so wirklich weiter, entwicklen wir uns. Wenn sich die Menschen vergleichen, wenn sie den Ehrgeiz entwickeln, besser sein zu wollen. Ich bin sicher, nur so sind wir überhaupt vom berühmten erfinden des Rads bis heute gekommen. Gnadenlosen Wettkampf mag ich auch nicht, schon gar nicht der im Alltag von "schöner, besser, toller". Das hasse ich auch wie die Pest. Wer hat das größere Auto, das tollere Haus, die schickeren Klamotten? DIESEN Wettbewerb braucht keiner. Aber gesunden, sportlichen .. doch, den darf es gerne geben!
    Liebe Grüße und noch einen schönen Sonntag,
    Nicole

  • christof@buergi.lugs.ch Re: Konkurrenzkämpfe
    Geschrieben von P2501 (Link) am Montag, 16. Mai 2011, 12:59

    Naja, der ESC ist kein Liederabend, sondern ein Liederwettbewerb. Wer da hingeht, will nicht nur singen, sondern auch gewinnen.

    Persönlich bin ich auch kein grosser Fan von Wettbewerben von Personen gegeneinander. Ich bin ja Sportzschütze, und nehme als solcher auch an Wettkämpfen teil, betrachte dir Ranglisten hinterher aber höchstens flüchtig. Wichtiger sind mir die Punkteauszeichnungen. Und bei so einigen Wettkämpfen ist das "Rahmenprogramm" wichtiger, als der Wettkampf selber.

    Andererseits würde ich niemandem verbieten wollen, sich an anderen zu messen. Was ich gelegentlich ganz gerne verbieten würde, sind Typen, die damit prahlen, wieviel besser als alle anderen sie sind. Aber die hat man immer.