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 5 Jahre Symlink 
Labberfaselbla Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am Donnerstag, 1. Dezember 2005, 17:08
aus dem es-lebt dept.

Noch fehlt auf Symlink der offizielle Artikel, aber für eine persönliche Rückschau ist immer Zeit. Als root@symlink.ch habe auch ich etwas zu erzählen.

Update: XTaran war mittlerweile auch fleissig.

Im Verlaufe des Novembers 2000 kam maol zu mir und fragte mich, ob ich allenfalls seinen Symlink auf dem Vereinsserver der LUGS plazieren könne. Dies war zwar eine eigene IP, aber physikalisch auf meiner privaten Maschine, gehostet bei meinem Arbeitgeber. Ein kleiner Pentium 200MMX, gerade einmal 256MB RAM und eine kleine IDE Platte, betrieben unter einer ziemlich alten Slackware.

Wir trafen uns in meinem Büro, packten tonnenweise Perlmodule auf die Kiste, installierten Slashcode nach Anleitung und importierten einen SQL-Dump, welcher die erste Uebersetzung enthielt. Ich erhielt gleich die User Id 2.

Nicht viel später kam die erste Herausforderung. Heise berichtete über Symlink und ich erlebte das erste Mal, was es heisst, ein Webserver unter Last zu betreiben. Schnell lernte ich die Bedeutung einiger Apache Konfigurationsvariablen kennen und ihn so einzuregeln, dass der Memoryverbrauch von mod_perl nie das vorhandene RAM sprengt.

Im Frühjahr 2001 war klar, dass der kleine Server nirgends hinreicht. Wir bekamen von Dalco eine Machine gesponsert, welche meinen Vorstellungen entprach: Dual PIII, 512 MB RAM (damals teuer) und zwei IDE Disks, welche zu einem RAID-1 geformt werden sollten. Der Name wigwam war schnell gefunden und die Box unter dem damals noch Testing heissenden Debian Woody installiert.

Dann kam der September 2001, mit ihm die Gotteskrieger. Eine Liste von E-Mail Adressen, die potentiell in die Geschehnisse vom 9/11 involviert sein sollen. Ein Hacker veröffentlichte sie in einem Kommentar, Stern verlinkte sie, selbst die Washington Post brachte einen Artikel. Ich kam Morgens ins Büro und fragte mich, was die vielen toten Apache Childs auf der Box sollen. Gegen halb Neun begriff ich, was los war. tail -f über das Logfile und ich begriff, dass wir im Zentrum des Interesses standen. Der Apache 2, den ich für das Servieren der Bilder eingerichtet hatte, hielt den Anfragen schlicht nicht stand und ich ersetzte ihn so kurz vor einer grossen Sitzung durch einen Boa. Die vielleicht zwei Stunden Sitzung sass ich auf Eiern, aber der Boa hat mich seither nie im Stich gelassen. Ueber 750'000 Hits kamen an diesem Tag zusammen.

Die folgenden drei Monate waren der Horror für mich. Ich wusste, dass im Falle einer rechtlichen Untersuchung die Maschine konfisziert würde - und ich keine Chance habe, sie ex und Hopp zu ersetzen. Nach drei Monaten, am 18. Dezember 2001, waren die üblichen drei Monate vorbei, die man Logfiles mit perönlichen Infos behalten darf. Ich feierte still meine persönlichen Weihnachten mit einem rm der Logfiles und wurde schlagartig einen grossen Brocken Sorgen los. Die darauffolgende Zeit verbrachte ich in einer Mischung aus Delirium und Depression - die Anspannung hatte mich derart mitgenommen. Wirklich erholt habe ich mich von dieser Zeit erst im Verlaufe dieses Sommers. Aus der Rücksicht waren diese drei Monate eine sehr intensive, aber enorm belastende Zeit, die ich eigentlich nicht mehr erleben möchte. Andererseits gibt es heute kaum mehr eine Situation, in der ich nicht fähig bin, kalt nachzudenken. Ein Servercrash gibt vielleicht ein, zwei Minuten Adrenalin - danach beginnt der Kopf zu funktionieren und erledigt, was zu tun ist.

Nach diesem ausserordentlichen Event etablierte sich Symlink auf einem recht hohen Niveau, um über die Jahre ganz langsam an Attraktivität zu verlieren. Ich behaupte, dass die Zeit für Symlink mittlerweile vorbei ist und werde mich bei neuen Projekten in dieser Umgebung nicht mehr zur Verfügung stellen - andererseits werde ich selbstverständlich aber auch niemandem im Wege stehen. Neue Ideen sind da und es wird sich zeigen, ob sie erfolgreich sein werden.

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