0x1b - ESCAPE
HTML PDF Postscript
 The Snuggery 
Beat Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am Dienstag, 17. Juli 2012, 09:06
aus dem *hugs* dept.

Ich muss ein Kuschelmonster sein, anders kann ich mir nicht erklären, dass mir gestern ein Artikel in der 20 Minuten aufgefallen ist, in dem sich ein Mädchen für Kuschelstunden anbietet.

Mein erster Gedanke: In was für einer Gesellschaft leben wir heute, wo Kuscheln als Geschäftsmodell Erfolg haben kann? Irgendwie traurig... Dann kam mir aber auch in den Sinn, dass der Gründer von Free Hugs sich in seiner neuen Stadt in Australien völlig alleine gefühlt hat und sein Angebot für Umarmungen letztendlich ihm selbst zugute kamen. Schon Garfield sagte: You can't give somebody a hug without getting one back. Und ganz im Stillen musste ich zugeben, dass ich auch schon Momente im Leben hatte, in denen ich für eine Kuschelstunde $60 hingeblättert hätte.

Dann aber auch die Einsicht meinerseits, dass genau dieser Artikel ein wunderbares Beispiel des heutigen Journalismus ist. Irgendwo auf der Welt poppt eine Webseite auf. Ein Journi macht einen Artikel, seine Kollegen und Kolleginnen schreiben ab.

Sichtlich keiner hat mit der Jackie gesprochen, sich beispielsweise erkundigt, ob ihre Idee auch Erfolg hat, ob sie vielleicht einfach nur ein Fake ist. Alle füllen den knappen Platz zwischen Werbebannern und Inseraten mit möglichst wenig Aufwand. Zugegeben, man darf nicht alle Journalisten in einen Topf werfen, jeden Artikel als Resultat einer 5 minütigen Recherche im Web betrachten. Nur fällt es zumindest mir verdammt schwer, den jeweiligen Wahrheitsgehalt einer Meldung abzuschätzen. Eine grosse Portion Misstrauen bleibt, selbst bei vielleicht hervorragend recherchierter Arbeit.

Das, was Jackie auf ihrer Webseite schreibt, kann ich nur bestätigen. Eine Umarmung, eine Runde Kuscheln, tut gut. Nicht immer, aber immer öfters bin ich dafür zu haben. Und das sogar ohne $60 dafür zu verlangen :-)

Ganz besonders beeindruckt hat mich der Eintrag auf ihrer FAQ, dass sexuelle Erregung sein darf, man(n) aber dieser nicht nachgehen muss. Die Verbindung zwischen Berührung und Sex ist etwas, was tief in den Köpfen steckt und vielleicht auch dafür sorgt, dass wir viel zu oft Abstand zueinander halten. Während einer langen Umarmung eine Latte zu bekommen gilt als böse, mir ist es jeweils ziemlich peinlich dabei... Dabei heisst es noch lange nicht, dass ich dieser physischen Reaktion nachgehen muss, schliesslich gibt es da noch ein Gehirn, dass wenigstens ein bisschen Blut abbekommt.

Vielleicht sollten wir einfach die Zeitung bzw. den Webbrowser beiseite legen? Steht eh meist nur Quatsch drinn :-) Wenn wir Glück haben, steht jemand neben uns. Wenn nicht, fühlt Euch wenigstens von mir virtuell gedrückt!

Permalink

Das Kleingedruckte: Der Besitzer der folgenden Kommentare ist wer immer sie eingeschickt hat. Wir sind in keiner Weise für sie verantwortlich.

  • beat@0x1b.ch Re: The Snuggery
    Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am Sonntag, 22. Juli 2012, 19:32

    Kleiner Nachtrag, es gibt zwei Interviews mit Jackie. Das eine von der lokalen Zeitung, das Andere auf CNN.