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 Lansgemeinde 2007 
Nala Geschrieben von Priska Rubischon (Link) am Sonntag, 6. Mai 2007, 15:02
aus dem mitbestimm dept.

Schon letztes Jahr berichteten wir Euch hier auf diesem Blog von der Landsgemeinde. Heute war es wieder soweit. Wir pendelten mit dem Zug (am Landsgemeindetag ist öffentlicher Verkehr gratis ;) nach Glarus.

Im Gegensatz zum letzten Jahr, wo wir unsere erste Landsgemeinde bei trockener und später sogar sehr sonniger Witterung miterlebten, war es heute das pure Gegenteil. Es goss aus Kübeln. Da wir einen Schirm als umständlich empfanden, hatten wir uns einfach in Regenjacken mit Kapuzen gestürzt, bzw. ich hatte noch einen Country-Hut auf, der mich vor dem Regen schützen sollte.

Trotz schlechtem Wetter war der Ring nicht mal so schlecht besucht. Nicht soviele wie letztes Jahr, aber vielleicht lag das auch daran, dass die Traktandenliste nicht ganz so attraktiv war. Wir waren eigentlich auch nur wegen Traktandum 7 nach Glarus gepilgert. Ansonsten hätte ich mich wegen schlechten Wetters vor dem mitbestimmen gedrückt.

Die ersten Traktanden waren dann auch problemlos durch, als es um Stimmrechtsalter 16 ging. Da gab es dann doch die eine oder andere Wortmeldung und es wurden Vor- und angebliche Nachteile durchgekaut. Wirklich argumentative Nachteile konnten in meinen Augen allerdings keine benannt werden. Vermutlich war es halt für viele Neinstimmer einfach ein Bauchgefühl, auf das man ja durchaus auch mal hören darf. Ich persönlich war ganz klar für Stimmrechtsalter 16 - wenn diese jungen Menschen in Ring kommen wollen und mitbestimmen, warum sollten wir ihnen da im Wege stehen? Dass sie noch zuwenig Lebenserfahrung hätten fand ich ein absolut fragwürdiges Argument, denn in den 2 Jahren bis 18 werden sie kaum genug Lebenserfahrung sammeln können, um dieses Argument zu bestätigen und das Stimmalter auf 18 zu belassen. Und vonwegen Interesse - das haben auch viele ältere Einwohner nicht.

Nun denn, es ging zur Abstimmung und ich bin froh nicht Landammann bzw. Regierungsratsmitglied zu sein. Die hochgehaltenen (magentafarbenen) Stimmzettel schienen ziemlich ausgewogen verteilt zu sein. Schwer zu urteilen, was jetzt wirklich mehr war. Die 5 Regierungsmitglieder schienen allerdings ziemlich einstimmt der Meinung zu sein und so verkündete der Landammann Röbi Marti um 11.05, dass die Mehrheit für Stimmrechtsalter 16 war. Jubel bei den einen, etwas Konsternation bei den Gegnern.

Wir verzogen uns dann frierend und durchnässt vom Ring zurück, die restlichen Vorlagen waren uns zuwenig interessant um zu bleiben. Mit dem Bus gings dann nach Näfels wo wir uns im Café Müller bei einer heissen Schokolade aufwärmten um dann noch ganz heimzufahren und auch noch die äussersten und innersten Körperteilchen in einem heissen Bad wieder zu erwärmen.

Wie letztes Jahr fanden wir es wiederum äusserst interessant an der Landsgemeinde dabei sein zu dürfen und unseren Bürger"pflichten" nachzukommen. Es ist stets eine sehr spezielle Stimmung, aber keineswegs feindlich, auch wenn die Leute um einem rum das Gegenteil stimmen. Schön, dass Demokratie noch so friedlich verlaufen kann. Dazu möchte ich auch die Worte von Röbi Marti wiederholen:

Tragen wir Sorge zu dieser konstruktiven politischen Kultur! Sie erträgt sehr wohl das offene Wort und den engagierten Meinungsstreit – aber bitte auf faire Art und mit dem Willen zu gangbaren Lösungen, für die man auch den guten Kompromiss nicht schlecht machen darf. Und wer das zuwenig lüpfig findet, der ist daran zu erinnern, wie viel Not und Gewalt weltweit auch im letzten Jahr wieder durch starre Fronten, durch sture Rechthaberei und durch handgreiflichen Fundamentalismus angerichtet worden sind.

(Ganze Rede auf der Glarner Webseite nachzulesen. Sehr empfehlenswert.)

Ich danke allen Glarnerinnen und Glarner, dass sie auch dieses Jahr die Landsgemeinde zu einem freudigen Ereignis gemacht haben und dass die Glarner einmal mehr Pioniere sind - wie schon bei der Gemeindereform, noch viel früher bei der Einführung des Fabrikgesetzes, oder auch der AHV (seit 1916).

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Das Kleingedruckte: Der Besitzer der folgenden Kommentare ist wer immer sie eingeschickt hat. Wir sind in keiner Weise für sie verantwortlich.

  • priska@0x1b.ch Mist in der 20 Minuten
    Geschrieben von Priska Rubischon (Link) am Sonntag, 6. Mai 2007, 18:26

    Uebrigens stimmt der Artikel im 20 Minuten nicht. Sie schreiben ...für eine entsprechende Senkung des aktiven und passiven Stimm- und Wahlrechts relativ knapp an. Das ist falsch. Wir haben nur das aktive Stimm- und Wahlrecht angenommen. Die JUSO hat den Memorialsantrag an der Landsgemeinde abgeändert und ist dem Gegenvorschlag des Regierungsrates gefolgt. Das hat Michael Pesaballe von der JUSO am Rednerpult gesagt. Die Journalisten von 20 Minuten sollten besser zuhören, oder besser lesen. Allerdings hatten sie die News eh mit Zeit 10:45 auf ihrem Newsticker - während wir erst um 11:05 über die Vorlage überhaupt abstimmten... Tjaja...