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 Groupware Lösungen 
Computer Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am Montag, 27. Februar 2006, 14:21
aus dem business dept.

Am letzten Mittwoch Nachmittag bekam ich Besuch von Mathias Weyland und der Zufall wollte es, dass wir uns beide in den letzten Tagen mit der Thematik Groupware beschäftigt haben. Ein rund stündiges Gespräch brachte mir viel interessanten Input, den ich hier zusammentragen möchte.

Mathias arbeitet in einer gemeinnützigen Organisation und möchte da die Arbeiten rationalisieren. Mail, Kalender und Todolisten sind bekannte Werkzeuge - warum sollte man sie nicht dazu benutzen, die Arbeit zu koordinieren? Er selbst ist ein richtiger "Road Warrior" und möchte die Daten auch unterwegs zur Verfügung haben. Einerseits auf dem Notebook, welches unter Linux läuft. Andererseits aber auch auf seinem Palm, für Tage an denen das Notebook zu gross und zu schwer ist.

Mein zukünftiger $BROETCHENGEBER setzt auf Exchange. Ich habe - aus Abneigung gegenüber Windows - auf Entourage und MacOS X gesetzt und erfolgreich meine private Mail inklusive knapp 4 GBtyes Archiv, meinen News-Server mit USENET und FIDO Anbindung als auch meine neue Business Mail einbinden können. Alles ist offline verfügbar und somit auch unterwegs lesbar. Termine sharen Priska und ich seit rund drei Jahren in Twig - diese sind daher ausschliesslich online verwendbar. Wäre doch nett, diese auch in das zentrale Tool zusammen mit meinen Business-Terminen zu packen. Todos sind noch ein offener Punkt zuhause: Priska führt eine Sammlung von virtuellen PostIt - ich habe einen Mailfolder in dem die offenen Punkte abgelegt sind. Beides suboptimale Lösungen.

Beginnen wir einmal mit den Clients.

Unter Windows ist die Sache einfach. Es gibt Outlook, welches eine integrierte Oberfläche bietet. Es kann mit Plugins an beinahe beliebige Server angeschlossen werden und mittels Konnektoren wohl mit allen üblichen mobilen Geräten wie Handy oder PDA abgleichen. Jeder, der etwas mit Terminen zu tun hat, programmiert eine Outlook Schnittstelle.

Auf dem Mac gibt es zwei Möglichkeiten: Von Apple selbst kommt iSync, eine zentrale Schnittstelle, an die alle MacOS eigenen Applikationen wie Mail, iCal und das Adressbuch andocken. Viele Handys, PDAs und natürlich der iPod können über iSync abgeglichen werden. Entourage ist - aufgrund der Wurzeln in MacOS 9 - nicht in dieses System eingebunden, sondern bringt eigene Schnittstellen mit. Nach aussen können IMAP, NNTP und SMTP basierte Mailsysteme und natürlich Exchange angebunden werden. Aber auch Hotmail, Microsoft's "Exchange für Arme", kann in der Bezahlversion mitbenutzt werden. Es versteht sich mit Palms und einigen Handies. Eine Shareware AppleScript Applikation erlaubt es, Entourage in iSync zu integrieren und damit beispielsweise Kontakte und Termine zwischen Entourage und den MacOS Anwendungen abzugleichen. Damit steht Entourage der Zugang zu .MAC offen - Apple's Service für gesharte Daten. Wird nicht die gesamte Synchronisation benötigt, so gibt es zwei einzelne Sharewaretools, welche Entourage und iCal bzw. Entourage und das Adressbuch miteinander abgleichen.

In der OpenSource Welt gibt es viele Tools. Evolution ist wohl das umfassenste, welches alle Funktionalität von Outlook abbildet. Aber auch das KDE Projekt Kontact ist ein Tool, das sich an einen Exchangeserver andocken lässt. Beide sind eingebettet in ihren Desktop, entsprechend schwer und träge, die Schnittstellen teilweise nur online verfügbar und die Exchange Integration recht hakelig. Auch die Synchronisation mit Palms und Telefonen kann schwierig werden, da sich die Formate der einzelnen Geräte massiv unterscheiden.

Sunbird ist der Kalender aus dem Mozilla Projekt. Wie iCal kann er seine Daten auf einem WebDAV Server ablegen und - das kann iCal nicht - diese auch wiederum zurücksynchronisieren. Er ist damit in der Lage, recht simpel Kalender richtig zu sharen.

Kommen wir zu den Servern.

Exchange ist wohl der bekannteste und umfassenste Server für Workgroup Lösungen. Stark eingebettet in die MS-eigenen Konzepte wie AD und Windows Server ist er nur sehr schlecht in eine nicht-MS Umgebung integrierbar. Auf den ersten Blick ist Exchange extrem einfach zu installieren und administrieren - in den Details stecken aber ein paar Knacknüsse, die vor allem bei grösseren Sites zu Kopfzerbrechen führen können. Aber auch kleine Betriebe sind mit der langfristigen Betreuung von Exchange oft überfordert und haben Mühe, bezahlbaren Support zu bekommen. Exchange selbst hat eine lange Geschichte und kennt beispielsweise drei verschiedene Protokolle:
  • das dokumentierte MAPI, ein erweitertes IMAP Protkoll
  • das nicht dokumentierte und verschlüsstelte auf DCERPC basierende Protokoll, welches ab Exchange 2000 eingesetzt wurde
  • das WebDAV basierte Protokoll, welches mit Outlook Web Access von Exchange 2003 mitkam und standardmässig in Entourage 2004 und optional in Outlook 2003 eingesetzt werden kann

Einige Kommerzanbieter haben Lösungen entwickelt, die per Outlook Plugin angedockt werden können. Vorzeigeprojekt ist wohl der Kero Mailserver: Mit einem Einstiegspreis von gut $400 für 20 Benutzer bietet er ein Outlook Plugin, native Unterstützung von Entourage und ein Webinterface. Aufgebaut ist der Server aus mehrheitlich Non-GPL-OpenSource wie PHP, OpenSSL, SpamAssassin, QT etc. Selbstverständlich spricht er auch IMAP, POP, SMPT und NNTP. Die Installation ist absolut simpel - zwei RPMs die selbst mit Alien auf einer Debian installiert werden können, ein Curses Interface für die initiale Konfiguration und ein QT Interface für die Administration.

Apple bietet keinen "richtigen" Server. Der MacOS eigene iCal kann seine Daten auf einem WebDAV enableten Webserver ablegen und mit etwas Magie auch sharen. Das Adressbuch kann an LDAP andocken und von dort her Adresseinträge holen. Es sind auf den ersten Blick gewöhnungsbedürftige Konzepte, die scheinbar aber viele Anhänger finden.

Dann haben wir die Welt der OpenSource Groupware Server. Es gibt nicht einen, sondern dutzende. Die meisten bieten ein mehr oder minder einfaches Webinterface. Einige wenige bieten die Anschlussmöglichkeit für stand alone Clients - meist auch wiederum OpenSource Programme. Noch einmal weniger bieten ein Outlook Plugin. Einer davon ist egroupware, welches Mathias als Grundlage ausgesucht hat. Keiner dieser Server kann aus Entourage benutzt werden.

Versuchen wir das Ganze zusammenzufassen.

Wenn wir einen Exchange Server haben, können wir praktisch jeden kommerziellen oder offenen Client anschliessen.

Wenn wir einen guten OpenSource Server haben, können wir den einen oder anderen Client benutzen - aber nie alle.

Es gibt derart viele OpenSource Projekte, dass jedes für sich zu wenig Ressourcen hat um ein Projekt wie das Reverse Engeneering des Exchange Protokolles in Angriff zu nehmen.

Hotmail und .MAC sind Services, mit denen kleine Gruppen durchaus miteinander zusammenarbeiten können. Doch will man wirklich seine Termine, Kontakte und E-Mails einer grossen, undurchsichtigen Firma anvertrauen?

Wir sind beide zur Einsicht gekommen, dass es die gute Lösung nicht gibt bzw. diese Exchange heisst. Und dass eben die gute Lösung für uns keine ist...

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Das Kleingedruckte: Der Besitzer der folgenden Kommentare ist wer immer sie eingeschickt hat. Wir sind in keiner Weise für sie verantwortlich.

  • Re: Groupware Lösungen
    Geschrieben von Alain am Dienstag, 28. Februar 2006, 08:14

    Interessante Zusammenfassung, Merci. Ich bin letzthin zum gleichen Schluss gekommen. Leider. Erstaunlich irgendwie...

    • abe+0x1b@deuxchevaux.org Re: Groupware Lösungen
      Geschrieben von Axel (Link) am Dienstag, 28. Februar 2006, 10:53

      Tja, nicht nur ihr habt Euch damit neulich beschäftigt. Wir sind hier mit Umwegen über OpenGroupware.org (OGo, hat nix mit OOo zu tun) und OpenXchange (OX) leider ebenfalls zu diesem Schluss gekommen: Es gibt leider momentan keine Open Source Groupware, die einen Exchange vollständig ersetzen kann. Es ist traurig, aber es ist so.

      Wir brauchen: Funktionierende und zuverlässige Anbindungen an Outlook als auch an Linux-Systeme, d.h. reine webbasierte Systeme kommen nicht in Frage. Wie auf Linux die Anbindung en Detail aussieht (Webinterface, nativer oder Java-Client) ist uns weniger wichtig. Wichtig ist, daß es eine transparente Intergration in Outlook gibt und die Lösung zuverlässig ist.

      OGo lief anfangs recht gut, aber irgendwann stellte man u.a. fest, daß die Daten, die im Outlook angelegt wurden, in der Weboberfläche anders angezeigt wurden um umgekehrt (die jeweils andere Seite bekam z.B. alle Termine optisch als "ganztägig" angezeigt, erst beim Nachlesen sah man die Zeiten) und auch die Angaben zur Einsortierung machten wohl Huddel. Man stellte "Firma, Name" ein und zwei Sekunden später stand es wieder auf "Name".

      OX war dann noch schlimmer: Hier stimmte zwar der Kalender von der Anzeige her, aber es ging Adressdaten verloren. Hier verschwand mal eine zweite Telefonnummer, dort lag plötzlich mal ein Datensatz im "Gelöscht"-Ordner und wenn man ihn dort rausholte, war er zwei Sekunden später wieder drin. Und die Sortierung der Daten im Webinterface ist nicht wirklich nachvollziehbar. Anders als über die Volltextsuche sind manche Adressdaten einfach nicht zu finden.

      Die Lösung sollte dann wohl oder übel doch ein Exchange werden. Ein Exchange 2000 war vorhanden sollte auf einem 2003 Server installiert werden. Das Exchange 2000 meldete bei der Installation, daß es auf 20003 nicht funktionieren würde, aber als Unixer traut man MS auch bei solchen Aussagen nicht und installiert trotzdem. Man will das selbst sehen, daß es nicht tut, sonst glaubt man das nicht.

      Es tat nicht. Und es lies sich netterweise auch nicht wieder deinstallieren, da es sich vorher erst funktionierend haben will. Vielen Dank, MS.

      Naja, war eh ein Testserver für die Entwicklung, der in dieser Funktion demnächst wohl eh durch eine VMWare ersetzt und deswegen platt gemacht und für andere Zwecke (Exchange 2003...) neu aufgesetzt wird.