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 "Fremder in einer fremden Welt" 
Polyamory Geschrieben von Priska Rubischon (Link) am Donnerstag, 26. Januar 2006, 12:54
aus dem Polyamory-Bücher dept.

In fast allen Unterlagen über Polyamory findet man Hinweise auf das Buch "Fremder in einer fremden Welt" ("stranger in a strange world") von Robert A. Heinlein. Immer wird das Buch in Zusammenhang mit der Polyamory-Subkultur gebracht. Mit ein Grund, warum ich es mir kaufte und las.

Nun, so extrem polyamoureuse finde ich das Buch keineswegs. Es hat sicher Stellen, die durchaus auf ein polyamoures Denken hinweisen. Mike der mit seinen "Wasserbrüdern" zusammenwächst. Erst einfach mit dem gemeinsam aus einem Glas Wasser trinken, was auf dem Mars von wo Mike kommt wohl so ein kostbares Gut ist, dass man es nur mit Menschen teilt, die einem sehr lieb sind. In anderen Abschnitten erkennt man klar, dass dieses Wasserbruder sein mitunter auch sexuell ausgelebt wird. Wer Wasserbruder wurde, war sozusagen mit allen verheiratet, die auch Wasserbrüder waren. Es gab bei den beschriebenen Personen keine Eifersucht, alles war Liebe. Man wartete bis es sich so ergab wie es sein musste. Eine Paradedisziplin der Marisaner - warten, bis sie grokten um was es geht.

In der Diplomarbeit von Christian Rüther wird das Buch desöftern erwähnt. Auf der alt.polyamory Buchliste ist es ebenso vertreten. Im Wikipedia-Artikel heisst es über das Buch "Zwei utopische Erzählungen, die oft als einflussreich für die Entwicklung der Polyamory-Subkultur in den USA genannt werden, sind "Stranger in a Strange Land" von Robert A. Heinlein.... Ich weiss nicht ob es an der deutschen Uebersetzung liegt, aber ich sehe im Buch nur bedingt die Polykultur wieder. Ausser man nimmt es damit genauer, dass jeder das leben muss, was er leben muss. Jeder sollte zu sich selber finden.

Was mich am Buch sogar eher stört ist, dass das ganze gegen Ende eher zu einer Sekte verändert wird. Mike will die Welt ändern, will den Menschen sein Gedankengut näher bringen. Das ist nicht grundsätzlich schlecht. Seine Art zu leben und zu groken gefiel mir äusserst gut, diese aber sektenmässig weiterzugeben fand ich sehr schade. Was letztendlich wohl auch zum Schluss führte, dass er gesteinigt wurde. Es zeigte mir vorallem wieder, dass man auch als Poly-Mensch nicht versuchen sollte, den anderen Menschen "die Wahrheit" beizubringen. Selbst wenn es die "richtige Wahrheit" wäre. Jeder Mensch braucht seine Zeit um das zu groken. Aus marisanischer Sicht hätte es Mike sogar richtig getan. Jeder Mensch kann das glücklichsein erlernen. Aber nicht jeder ist bereit dazu.

Ich lerne daraus, dass ich zwar mein Leben so leben soll wie ich es für richtig halte, aber die anderen nicht dazu zwingen, das auch zu tun. Auch nicht mit es wäre besser, und man muss offen und ehrlich sein, usw usf. Den anderen in seinem ganzen Sein groken und ihn "preisen".

Ich kann das Buch durchaus weiterempfehlen, auch für nicht Polyfreunde. Bisschen Science Fiction muss man allerdings mögen. Und ich groke, ich bin Gott. Du bist Gott. Alles was grokt ist Gott. :-)

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  • Re: "Fremder in einer fremden Welt"
    Geschrieben von lexoplex am Montag, 30. Januar 2006, 17:22

    Das trifft sich gut; vor kurzem habe ich das Buch auch gelesen. Mit ähnlich gemischten Gefühlen wie du. Welche Ausgabe hast du? Ich hatte mich über die Ausgabe, die ich gekauft habe, ausgelassen. Vielleicht probiere ich eines Tages einmal die ursprüngliche, englische (Kurz-)Fassung. Derzeit bin ich übrigens an The Moon is a Harsh Mistress.

    • priska@0x1b.ch Re: "Fremder in einer fremden Welt"
      Geschrieben von Priska Rubischon (Link) am Montag, 6. Februar 2006, 15:24


      Das mit den Tippfehlern fand ich auch krass :) Ich hab auch das aus der Bastei Lübbe - allerdings die angeblich vollstaendige Version. Welche Uebersetzung weiss ich nicht.

      Ich müsste erst richtig englisch lernen, bevor ich mich an die Originalversion wagen könnte. Und so wichtig ist mir das Buch dann doch nicht ;-)