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 Patchwork-Familie 
Labberfaselbla Geschrieben von Priska Rubischon (Link) am Dienstag, 17. Juni 2008, 11:05
aus dem altes-Heft-durchstöber dept.

Hier die zweite Story aus der Schweizer Familie. Hab ich Euch ja versprochen. Es geht hier um eine Grossfamilie, die aus mehreren Familien infolge Trennung und Wiederverheiratung zusammengewachsen ist. Eben die sogenannte Patchwork-Familie.

Das faszinierende an der Familie Raemy-Helfer-Stauffer-Haller ist, dass es scheinbar mehr oder weniger gut funktioniert. Während andere Patchworker immer wieder in grosse Probleme geraten, haben diese 9 Menschen es hingekriegt, weiterhin anständig miteinander umzugehen. Auch wenn beim einen oder anderen (Ex)Paar die gegenseitige Liebe verschwunden ist, blieb wenigstens die Achtung voreinander.

Statistikschätzungen gehen davon aus, dass heute jede siebte Familie patchwork lebt. Und viele bei weitem wohl nicht so zufrieden wie die vorgestellte Familie.

Textstellen, die mir speziell auffielen waren unter anderem, dass sich die 5 Kinder als Geschwister sehen, obwohl nur 3 davon wirklich richtige Geschwister sind. Aber die Familien leben so stark miteinander, dass sich die Halbgeschwister gut verstehen und sich gegenseitig helfen.

Ebenfalls werden alle (Stief)elternteile von den Kindern akzeptiert und doch halten sich die Stiefelternteile bei der Erziehung zurück. Sie helfen zwar, die Entscheidung liegt dann aber bei den leiblichen Eltern.

Das ganze funktioniert nur, weil alle mit Respekt und Toleranz vorgehen. Bei weiten Reisen von Expartnern die Vollmacht eingeholt wird (und die auch gegeben wird!) und ein möglichst enger Kontakt mit den früheren Partnern gepflegt wird. Die leiblichen Eltern besuchen gemeinsam die Elternabende und Elterngespräche. Etwas das mich gerade sehr angesprochen hat und ich absolut super finde.

Nicht alle haben soviel Glück, in anderen Patchworkfamilien stellen sich häufig Expartner quer und Kinder lehnen ihre Stiefeltern ab. Bei letzterem frag ich mich dann allerdings, wie weit die Eltern das mitbeinflussen. Wie gehen sie damit um, was geben sie dem Kind für ein Vorbild, auch unbewusst? Wie geht der Stiefelternteil mit dem Kind um? Respektiert er die Verletzung des Kindes, das einsehen lernen muss, dass die leiblichen Eltern nie mehr zusammen kommen?

Gegen Ende des Artikels beschreibt Julia diese Lebensform so: Diese Familienform sei anstrengender und anspruchsvoller. Das Leben im Patchwork setze besonders viel Toleranz und Respekt voraus. Man muss noch mehr Leuten gerecht werden. Auch Patchwork-Familie ist kein Patentrezept. Da seh ich dann doch viele parallelen zu meinem polyamoren Lebenskonzept. Auch das ist kein Allerheilmittel und ist eine anstrengendere, anspruchsvollere Lebensform.

Schön dass es bei diesen 9 Menschen seit acht Jahren so gut klappt. Hoffen wir, dass das noch lange so hält und falls eine erneute Scheidung droht, dass sie wiederum einen solchen Weg finden um im Anstand miteinander umzugehen.

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