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 ...bis dass der Tod euch scheidet 
Nala Geschrieben von Priska Rubischon (Link) am Sonntag, 12. August 2007, 15:38
aus dem trau-dich dept.

Es war eine sehr traditionelle Hochzeit. Wunderschön gemacht. Die Braut in einem weissen Traumkleid. Sie schritt, sichtlich im Adrenalin schwimmend, am Arme ihres Vaters durchs Kirchenschiff. Der Pfarrer, ein junger dynamischer Mensch, brachte die Anwesenden immer wieder zum Schmunzeln, Lachen aber auch Nachdenken.

Und dann kam er. Der Satz, der vielen die Nackenhaare zu Berge stehen lässt. Derselbe Satz, den aber viele als Inbegriff von Ehe und Hochzeit erachten - ungeachtet jeglicher Statistik, die diesen Satz lügen straft.

"Willst du ... den neben Dir stehenden ... zu Deinem Ehemann nehmen, ihn lieben und treu sein, in guten wie in schlechten Zeiten, ... bis dass der Tod euch scheidet?"

Ein innerlicher Aufschrei meinerseits. Nein wie kann er nur? Er der vorher eine so geniale Predigt gehalten hat. Er der aufgezeigt hat, dass Frauen und Männer nicht gleich sind. Dass Frauen und Männer nicht gleich ticken (ja er hat ticken gesagt!). Dann dieser Satzschluss. Ich hab ihn nachher nicht gefragt, ob es der Wunsch des Hochzeitspaares war, dass der Satz so kommt. Vermutlich schon, denn zumindest von ihr weiss ich, dass sie eine sehr traditionelle Hochzeit wünschte. Diese im übrigen auch kriegte. Oder ob er als Pfarrer diesen Satz einfach bringen will, wider besseren wissens.

Dennoch, es war eine sehr schöne Hochzeit. Das Traditionelle hochgehalten, dass man einfach spürte, dass sie es so wollen und es für sie so richtig war. Fing beim Einmarsch in die Kirche (Bräutigam sah die Braut erst in der Kirche) an, ging weiter über den Brautschleier, der erst zum Brautkuss gelüftet wurde (und er nachher nicht wusste, ob er wieder runtergenommen werden muss *G*). Auch die Kutsche mit den vier weissen Schimmeln durfte nicht fehlen. Und ich bin sicher auch der gesamte Abend verlief in harmonischer Tradition.

Selber jegliche Traditionen hinterfragend, war es für mich wiedermal eine interessante Erfahrung. Vielleicht hinterfragen die beiden auch mal alles. Vielleicht auch nicht. Es war für sie gestern unwichtig. Ich wünsche den beiden alles Glück - denn das braucht man in einer Ehe. Egal wie romantisch, traditionell, ausgefallen oder klein die Hochzeit war, der Ehealltag bringt ganz viele neue Probleme mit sich, die gelöst werden wollen. Die gelöst werden können.

Und ob die Ehe dann wirklich vom Tod geschieden wird (dass dem nicht häufiger nachgeholfen wird...), oder ob sie in die Statistik der 50% Scheidungen fallen - die Zeit wird es zeigen. Meine Ehe hat dieses Damoklesschwert von "bis dass der Tod Euch scheidet" nicht über sich. Unsere Pfarrer hatten vor 13 Jahren auf diese Schlussworte verzichtet. Danke Wolfgang, danke Res! Wir bemühen uns dennoch, unsere Ehe bis dass der Tod uns scheidet zu erhalten. Sind aber froh, einen Ausweg zu haben, wenn es denn nicht klappt.

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Das Kleingedruckte: Der Besitzer der folgenden Kommentare ist wer immer sie eingeschickt hat. Wir sind in keiner Weise für sie verantwortlich.

  • Re: ...bis dass der Tod euch scheidet
    Geschrieben von Bloggerin am Sonntag, 12. August 2007, 19:14

    Die Ehe ist laut Bibel (und da die beiden in der Kirche geheirsatet haben gehe ich jetzt mal davon aus, dass sie Christen sind)ein Bund zwischen zwei Menschen. Ein Bund ist mehr als nur ein Vertrag. Bei einem Vertrag können beide Partner auf Einhaltung klagen. Wenn einer sich nicht daran hält, kann der Vertrag aufgelöst werden. Die Ehe dagegen ist ein Versprechen, das auch dann gültig bleibt, wenn ein Partner die Erwartungen des anderen nicht voll erfüllt.

    Viele heiraten, weil sie verliebt sind. Dann meinen sie, ohne den anderen nicht mehr leben zu können. Aber wenn nach wenigen Jahren dieses Gefühl vielleicht verflogen ist, meinen sie mit dem anderen nicht mehr leben zu können. Dann liegen Liebe und Hass oft dicht beieinander. Doch Ehe besteht nicht nur aus schönen Gefühlen. Ehe bedeutet auch Hingabe! Man bindet sich an den anderen, verspricht für ihn auch in Krisenzeiten da zu sein.

    Ehe ist Geben und Nehmen. Wer nur alle seine Bedürfnisse erfüllt haben möchte, ohne selbst genügend in die Beziehung zu investieren, wird seinen Partner nicht glücklich machen.

    Ehe ist nicht nur Liebe, sondern auch Vertrauen und gegenseitige Achtung. Keiner fühlt sich dem anderen überlegen. Beide sind gleichberechtigt. Nur so kann Gemeinschaft gelingen

    • beat@0x1b.ch Re: ...bis dass der Tod euch scheidet
      Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am Sonntag, 12. August 2007, 19:54

      Hallo Bloggerin!

      Interessantes Thema ;-) Und ich hoffe, dass Du diese hohen Ziele an Deine Partnerschaft halten kannst.

      In einer Zeit, in der Mann und Frau wirtschaftlich voneinander abhängig waren, gab es in der Tat nur ein Zusammen oder ein Sterben. Heute mag das etwas anders sein - wir haben eine extrem individualisierte Gesellschaft, die etwas anderes lebt. Verstehe mich insofern nicht falsch: Ich habe nichts gegen die Ideen hinter einer Ehe, wie Du sie beschreibst. Ich sehe jedoch, dass diese Ideen schon lange nicht mehr gelebt werden. Mindestens die Hälfte aller Paare - dreiviertel der in den 90ern Getrauten - etwas anderes Leben, als die hohen Ziele der Ehe eigentlich stecken.

      Heisst das jetzt, dass die Mehrheit der Menschen "falsch" denken? Oder heisst es, dass die Einstellung gegenüber der Institution Ehe vielleicht überdacht werden soll? Das, was wir aktuell sehen, ist nämlich nur eines: Verlogen. Selbstbetrug. Vielleicht sogar ein Druck, an dem viele zerbrechen.

      Einige bleiben zusammen. Obwohl die Beziehung zum reinen Horror ausartet. So wie die Putzfrau, die zwei Mal die Woche in meinem ehemaligen Büro saubergemacht hat. Jede zweite Woche hatte sie ein blaues Auge, einen Zahn weniger, manchmal hinkte sie. Aber eine Trennung liegt nicht drinn, man hat sich ja für den Partner entschieden und muss ihm treu sein.

      Ich hoffe daher schwer, dass sich die Gesellschaft mit der Diskussion um Seitensprünge, Scheidungen und vielleicht auch Polyamory irgendwann wandelt. Es muss nicht das sein, was eingefleischte Polyamoristen erträumen: Freie, bedingungslose Liebe. Aber wenigstens eine etwas gesundere Einstellung Beziehungen gegenüber - nicht "für's Leben", sondern "solange es richtig für uns ist". Was übrigens auch die Fragen nach gleichgeschlechtlicher Liebe in ein anderes Licht rücken würde.

      • Re: ...bis dass der Tod euch scheidet
        Geschrieben von Bloggerin am Sonntag, 12. August 2007, 20:07

        Hi Beat

        Heute wohnen 85% der Paare vor der Hochzeit zusammen. Man könnte also sagen, dies sei heute Standart.

        Man macht das, weil man sich kennenlernen möchte (auch im Alltag)..weil man "testen" möchte usw.

        Die Scheidungsrate ist in den letzten Jahrzehnten immer gestiegen. Man müsste also ehrlich sein und sagen, das Zusammenziehen vor der Heirat "nützt nichts"- im Gegenteil.

        Ich kann deine Meinung und Einstellung akzeptieren, für mich wäre sie nicht in Ordnung und nicht wünschenswert.
        Und da dieses bekannte Paar in der Kirche geheiratet hat, gehe ich davon aus, dass ihnen der Segen von Gott wichtig ist und sie nicht aus rein "romantischen" und traditionellen Gründen in der Kirche geheiratet haben- das ist in meinen Augen (meine persönliche Meinung) ein Missbrauch

  • Re: ...bis dass der Tod euch scheidet
    Geschrieben von Sam (Link) am Dienstag, 14. August 2007, 00:17

    Ein Versprechen fürs Leben (im vollen Bewusstsein, dass Liebe nicht gleich Verliebtheit ist und dass es nicht einfach ist - deshalb heiratet man ja Gott quasi mit :-) finde ich schön und ja, es ist nicht im Trend. Aber der Trend von Heute (Betthüpferlis und Beziehungsunfähigkeit weit und breit) scheint mir viel weniger nachahmenswert.

    • priska@0x1b.ch Re: ...bis dass der Tod euch scheidet
      Geschrieben von Priska Rubischon (Link) am Dienstag, 14. August 2007, 07:12

      Ich würde den Mittelweg vorziehen. Zwar versuchen, das Versprechen zu halten (in unserem Fall, uns zu lieben in guten wie in schlechten Zeiten :-), es aber nicht bis zum Tod durchhalten müssen, wenn einer von beiden ungluecklich in der Beziehung steckt.

      Nur weil man sich trennt, ist man nicht unbedingt beziehungsunfaehig oder macht Betthuepferlis. Ich denke es gibt da noch viele Nuancen dazwischen, die durchaus lebbar(er) sind.

      Zu Bibelzeiten war es sicherlich richtig, eine Ehe zu fuehren und da die Maenner (!) darin festzubinden, dass sie die Frau nicht einfach wie eine heisse Kartoffel fallen lassen. Aber heute ist die Ehe aus finanziellen Gruenden meist nicht mehr noetig. Frauen sind finanziell selber ueberlebensfaehig.

      Und ganz ehrlich - in meinen 13 Ehejahren, waren es stets Beat und ich, die es zusammen geschafft haben. Gott hat uns da nie geholfen...