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 Open Pipe 
Computer Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am Montag, 17. April 2006, 13:28
aus dem marketingblabla dept.

Der laufende Upgrade der Swisscom auf mehr Bandbreite bei den ADSL Anschlüssen bringt gleichzeitig auch die Umstellung auf "Open Pipe" mit sich. Nicht unbedingt zur Zufriedenheit der Kunden wie mich.

Aehnlich wie beim Kabel wird der Link zwischen dem eigenen Router / ADSL-Modem und dem Konzentrator in der Zentrale (DSLAM genannt) auf die maximal mögliche Geschwindigkeit geschaltet und die dem Kunden verkaufte Bandbreite im ATM nach L2TP Konzentator (LAC) geshapt.

Die Idee dahinter ist simpel - kommt die Bluewin endlich dazu, ihr TV über IP Angebot zu verbreiten, so wird die Bandbreite jeweils dann erhöht, wenn der Kunde auf seiner Settop-Box Play drückt und dann wieder verschmaelert, wenn er aufhört, fern zu sehen.

Dummerweise ist die Infrastruktur der Swisscom aber noch nicht wirklich für diese Technik ausgerüstet. Man schraubt auf ohne zu wissen, was passiert. Merken tun dies vor allem die Business ADSL-Kunden, die eigentlich etwas mehr als "Geiz ist geil" von ihrem ISP erwarten.

Die Probleme liegen vor allem im Uebersprechen zwischen verschiedenen Kunden, der Leitungsqualität und damit dem Verlust von Daten. Da diese allesamt weit unter dem IP-Layer passieren - dazwischen liegt noch PPP, ATM und allenfalls Ethernet, sind die Unterbrüche entsprechend unangenehm. Vor allem TCP beginnt zu überreagieren und verlangsamt die Kommunikation auf eine Art und Weise, die bei Low-Latency Anwendungen wie SSH sehr unangenehm sind.

Zusammen mit anderen mir persönlich bekannten Business Kunden wurde mein Anschluss am Dienstag Morgen auf Open Pipe migriert. Priska merkte am frühen Morgen einen kurzen Ausfall. Gemerkt hat es einzig mein Router:

Vorher:

rt-1#sh dsl int atm0
Capacity Used:    12%       78%
Noise Margin:    41.5 dB   13.0 dB
Output Power:     9.0 dBm  11.5 dBm
Attenuation:      0.0 dB    3.0 dB
Speed (kbps):     768       640
Reed-Solomon EC:    0         0


Nachher:

rt-1#sh dsl int atm0
Capacity Used:     79%       79%
Noise Margin:     14.0 dB  13.0 dB
Output Power:      9.0 dBm 11.5 dBm
Attenuation:       0.0 dB   3.0 dB
Speed (kbps):     6400      640
Reed-Solomon EC: 41247        0


Der Upstream wurde von 768 KBit brutto auf 6400 KBit angehoben, was zu einer Unmenge von Fehlern führt - der Counter überläuft alle paar Sekunden...

Der Downstream blieb gleich - trotz dem Versprechen der Swisscom, die 600/500er Abos auf 600/600 upzugraden, was brutto 768/768 heissen würde. Ich weiss, dass mein Anschluss praktisch perfekt ist: Neue Kabel, vielleicht 200m zwischen dem DSLAM und meinem Router. Wenn ich keine 600/600 kriege - wer dann? Ich gehe bis auf weiteres davon aus, dass eben dieses Versprechen auf mehr Uplink nichts anderes als Marketingwischiwaschi darstellt...

Gehen wir nun einen Layer höher und gucken, was IP mässig gelaufen ist. Mit Smokeping lassen sich nette Statistiken bauen, wie lange Pakete unterwegs sind und wie viele davon kaputtgehen. Mein Link sieht über die letzten Tage so aus:

Uplink

Seit der Umstellung habe ich üppig Paketloss, am Mittwoch und Donnerstag teilweise extreme Pingzeiten. Seither ist "Wochenende" und ich werde ab Morgen sehen, wie sich der Link verhaltet. Gucken wir etwas weiter - Fabian Wenk hat auch einen 600/500 Business ADSL. Sein Link sieht wie folgt aus:

Anderer Uplink

Ihm fehlt der Paketloss, aber auch er hatte am Mittwoch und Donnerstag die massiv verlängerten Pingzeiten. Seine Ausreisser sind charakteristisch für seinen Link - woher sie kommen, ist uns nicht wirklich klar.

Ich werde nun das ganze weiter beobachten müssen. Die aktuellen Verhältnisse lassen es kaum zu, von Zuhause aus zu arbeiten - eigentlich der Grund, weshalb ich einen derart teuren Uplink zuhause habe. ssh macht keinen Spass, IPSec selbstverständlich auch keinen.

Das Aergerliche für mich ist die Tatsache, dass ich nie von diesem Upgrade Nutzen ziehen werde und der Marketingmensch, welcher diese Idee hatte, damit auch keinen weiteren ADSL-Anschluss zusätzlich verkaufen wird. Wann werden diese Leute begreifen, dass Wachstum um jeden Preis eine blödsinnige Idee ist?

Permalink

Das Kleingedruckte: Der Besitzer der folgenden Kommentare ist wer immer sie eingeschickt hat. Wir sind in keiner Weise für sie verantwortlich.

  • Re: Open Pipe
    Geschrieben von Cmdr_Zod am Montag, 17. April 2006, 20:12

    Hier ist es auch nicht viel besser, meine Leitung wurde auch auf maximalen Speed gestellt (5120/640).

    Nach dem Upgrade hatte ich eine zeitlang vermehrt Leitungsunterbrüche, das Modem brauchte auch sehr lange um wieder eine Verbindung hinzukriegen, zwischenzeitlich ist die Leitung wieder stabiler (momentan habe ich aber auch nur eine Uptime von gut 60h).
    Trotzdem ist bei mir das "Gesamterlebnis" seit dem Upgrade nicht so besonders, bisweilen habe ich Latenzen, die an eine Erde-Satelit-Erde-Verbindung erinnern (Wenn ich 4 Websites auf 4 verschiedenen Servern auf 2 Kontinenten gleichzeitig neu lade und mehrere Sekunden warte, dann ist das nicht normal)
    Ich habe hier leider nicht gross Alternativen und der Internetprovider konnte mir auch nicht helfen (bevor ich nicht das Modem als Ursache ausschliessen kann wollen sie verständlicherweise nicht bei Swisscom intervenieren und Kosten riskieren).

    • alain@farpoint.ch Re: Open Pipe
      Geschrieben von Alain am Sonntag, 23. April 2006, 16:18

      Hier (Region Bern - 600/500) das selbe. Häufig komme ich nicht mehr auf Seiten resp. erst nach dem 2. oder 3. versuch, der Errorcounter auf dem Cisco läuft über und die Pingzeiten sind zum Teil exorbitant hoch (bis zu 1500ms!!!).
      Ich bin entäuscht von der Swisscom. Bisher hatte ich nie Probleme mit dem ADSL.. immer guter Speed, gute Pingzeiten und nie Unterbrüche.. Tja.. schade.. leider gibts keine Alternative zum ADSL ausser vielleicht SDSL wobei ich da der Swisscom auch ned traue mal abgesehen davon das es unbezahlbar ist. :(

      • beat@0x1b.ch Re: Open Pipe
        Geschrieben von Beat Rubischon (Link) am Montag, 24. April 2006, 08:00

        Mittlereweile ist es bei mir wieder OK - mein ISP fand einen Knopf, drehte an ihm und ich habe seit Donnerstagabend keinen Paketloss mehr.

        Aergerlich ist die Sache trotzdem - immerhin weiss ich jetzt aber, dass ich wenigstens bis zum nächsten Speedupgrade keinen neuen Router brauchen werde...

  • kuenzler@init7.net Re: Open Pipe
    Geschrieben von Fredy Künzler (Link) am Montag, 24. April 2006, 09:41

    > Die aktuellen Verhältnisse lassen es kaum zu,
    > von Zuhause aus zu arbeiten - eigentlich der
    > Grund, weshalb ich einen derart teuren Uplink
    > zuhause habe. ssh macht keinen Spass, IPSec
    > selbstverständlich auch keinen.


    Ich schätze mal, dass Dein Provider zu stark überbucht, und deshalb SSH keinen Spass macht.

    Vgl: Hasstiraden gegen Solnet in Foren wegen Overbooking und Die wahre ADSL Kostenrechnung.

    • priska@0x1b.ch Re: Open Pipe
      Geschrieben von Priska Rubischon (Link) am Montag, 24. April 2006, 11:39


      Noe wir haben einen guten Provider der das Unmoegliche moeglich macht ;-) Hat zwar gedauert, bis er den Fehler fand, aber scheinbar geht es jetzt wieder. Also zahl ich weiterhin brav ganz viel Bazzeli an ihn und freu mich, dass er wenigstens auch wirklich den Service dafuer liefert.